Die Slowakei ist zu zwei Dritteln gebirgig, beheimatet neun Nationalparks und hat eine nur halb so hohe Bevölkerungsdichte wie Deutschland – und doch steht dieses kleine, europäische Binnenland nur selten in den Reiseplänen deutscher Reisender.
Auf unserem 10-tägigen Roadtrip durch die Slowakei haben wir Wanderungen in vier ganz unterschiedlichen Nationalparks unternommen und uns davon begeistern lassen, wie landschaftlich vielfältig und schön das Land ist. Die Slowak:innen sind selbst leidenschaftliche Wanderer – entsprechend gut ausgeschildert sind alle Routen. Auch wenn wir kein Slowakisch sprechen, sind wir super mit den Beschilderungen zurecht gekommen und konnten uns ansonsten mit Englisch, Deutsch oder notfalls “Händen und Füßen” verständigen.
Das Wetter Ende September war kälter und nasser als gedacht: ab einer Höhe von ca. 1500 m lag bereits Schnee und es hat häufig geregnet, sodass die lehmigen und steinigen Böden oft sehr rutschig wurden. Die Slowak:innen waren alle mit Wanderstöcken und teils Spikes unterwegs – wir waren leider nicht so gut vorbereitet, haben alle Wanderungen aber auch so gut gemeistert. Wer trotzdem lieber trockenen Fußes wandern möchte, sollte früher im Sommer anreisen. Laut Reiseführer kann es allerdings im Hochsommer an den beliebten Schluchten im Slowakischen Paradies oder bei den Gipfelbesteigungen in der Tatra sehr voll werden.
Malá Fatra
Unser erster Stopp führte uns in die Kleine Fatra, eine 55 km lange Gebirgskette im Nordwesten der Slowakei. Mit bis zu 1.709 m liegt sie niedriger als die Nationalparks des Tatra Gebirges. Eigentlich hatten wir die Besteigung des 1610 m hohen Veľký Rozsutec geplant, doch aufgrund regnerischen Aussichten und der Tatsache, dass wir die Wegbeschaffenheiten slowakischer Wanderwege noch nicht einschätzen konnten, entschieden wir uns stattdessen für eine Tour durch die Schlucht Jánošíkové diery, dann nach Štefanová und in die angrenzenden Skigebiete. Unsere Wohnung lag in Terchová, das sich als Ausgangspunkt für Touren in die Kleine Fatra optimal eignet. Dort gibt es auch einen kleinen Aussichtsturm “Terchovske sdrce”, von dem man einen tollen Blick auf den Ort und die dahinterliegenden Berge hat. Der kurze Aufstieg dorthin lohnt sich.
Nízke Tatry
Die höchsten Gipfel der Niederen Tatra sind der Ďumbier (2043m) und der Chopok (2024m). Beide lassen sich sehr gut auf Wanderungen erklimmen – sowohl von Chopok Juh als auch von Jasna aus (beides Skigebiete mit einigen Unterkünften). Unsere Tour führte uns von Chopok Juh an den Fuß des Ďumbier, von wo ein schöner, lehmiger und teilweise sehr steiler Wanderweg zunächst zur Chata M. R. Štefánika pod Ďumbierom führt, einer Berghütte mit tollem Blick über die bewaldeten Hänge der Niederen Tatra. Von dort führt der Weg weiter über große Felsen immer am Hang entlang bis zum Krúpova hoľa (1922m). Von hier kann man die letzten ca. 220 Höhenmeter zum Ďumbier nehmen oder direkt weiter auf dem Kammweg Richtung Chopok laufen. Leider zogen bei uns genau zu diesem Zeitpunkt ein eisiger Wind und schwere Wolken auf, die den Aufstieg auf dem schneebedeckten Weg zusätzlich erschwerten. Auch wenn wir auf dem Gipfel des Ďumbier keinen Weitblick genießen konnten, war es leicht zu erahnen, wie schön es dort bei Sonne und klarer Sicht sein muss. Auch der Weg über den Kamm zum Chopok ist bei gutem Wetter bestimmt traumhaft: nur leichte Steigungen und Ausblicke in alle Richtungen. In unserem Fall war es vor allem ein Kampf gegen die Kälte. Wegen des Schnees waren alle anderen Wege bzw. Abstiege ins Tal gesperrt und uns blieb einzig dieser Weg. Vom Chopok aus gibt es dann Gondeln, die zurück nach Chopok Juh und Jasna fahren. Wer also nicht zu Fuß absteigen möchte, kann hier einsteigen. Wir haben es gerade noch rechtzeitig zur letzten Gondel geschafft, um die Teilstrecke zur Mittelstation zu fahren (und wieder etwas warm zu werden). Trotz der schwierigen Bedingungen hat uns die Wanderung sehr gut gefallen und war in jedem Fall ein Highlight auf unserer Reise.
Vysoké Tatry
Ausgangspunkt für unsere Wanderungen in der Hohen Tatra war der Ort Starý Smokovec, einst die älteste Tatra Siedlung und heute ein bedeutender Touristenort. Anders als in Terchová gibt es hier einige große Hotels, Restaurants und ein paar Geschäfte. Wer nicht mit dem Auto anreist, kann die elektrische Tatrabahn von Poprad nutzen.
Das Angebot an Wanderungen ist riesig und es fiel uns gar nicht so leicht, nur zwei Touren auszuwählen. Am ersten Tag sind wir vom Ort aus zu Fuß entlang der Hrebienok-Zahnradbahn zur Bergstation gelaufen und von dort über die Tatranská Magistrála bis zum Velické pleso, einem wunderschön gelegenen Gebirgssee. Die Magistrale verläuft immer am Hang entlang und bei gutem Wetter hat man sicherlich einen tollen Blick ins weitläufige Tal (wir mussten ihn uns leider denken, denn die Wolken hingen so tief, dass wir teilweise gerade mal ein paar Meter weit schauen konnten). Belohnt wurden wir trotzdem, denn genau als wir das Zwischenziel am Velické pleso erreichten, verzogen sich ein paar Wolken und wir konnten den beeindruckenden Gebirgskessel bestaunen. Im Hotel Slienzsky Dom, direkt neben dem See, gibt es ein kleines Restaurant, das sich für eine Pause lohnt. Zurück nach Starý Smokovec ging es dann über einen anderen Weg, der den Hang kreuzt und direkt in den Ort führt. Insgesamt eine wirklich schöne und eher entspannte Tour.
Am nächsten Tag war das Wetter zum Glück auf unserer Seite und wir konnten die Wanderung zur Téryho chata, der zweithöchstgelegenen Berghütte der Slowakei auf 2015 m, in Angriff nehmen. Sie liegt am Ende der Malá Studená dolina, einem etwa viereinhalb Kilometer langen Tal. Das Panorama ist sehr abwechslungsreich. Zu Beginn kreuzt man einen Fluss, passiert ein paar Wasserfälle sowie grüne Wälder, anschließend überquert man einige Geröllfelder, bis man zum letzten, sehr anspruchsvollen Anstieg hoch zur Téryho chata kommt (bei uns komplett zugeschneit) – eingerahmt von den majestätischen Gipfeln der Hohen Tatra. Der Rückweg erfolgt auf demselben Weg, was aufgrund der tollen Kulisse aber an keiner Stelle langweilig wird. Diese Wanderung war mein persönliches Highlight, weil sie mich landschaftlich am meisten begeistert hat und vielleicht auch ein kleines bisschen, weil unterwegs ein Fuchs unseren Weg gekreuzt hat. Leider war ich zu fasziniert, um ein gutes Foto zu machen. Wer Suchbilder mag, schaut auf dem letzten Bild, ob er ihn entdeckt 😉
Insgesamt ist die Wanderung recht kurz, hatte aber aufgrund des anstrengenden Auf- und Abstiegs über Schnee durchaus ihre Herausforderungen. Wer es etwas länger haben möchte, kann statt die Zahnradbahn zu nehmen auch einfach zu Fuß zum Ausgangspunkt hochlaufen.
Slovenský raj
Das Slowakische Paradies liegt im Zentrum der Slowakei, nur eine halbe Stunde Fahrtzeit von der Hohen Tatra entfernt. Trotz der Nähe sind beide Nationalparks nicht vergleichbar. Das Slowakische Paradies wirkte auf uns wie ein riesiger Outdoor-Abenteuerspielplatz. Statt hoher Gipfel werden hier Schluchten, Brücken und Aussichtspunkte “erklommen”. Ein guter Ausgangspunkt für verschiedene Wanderungen ist der Ort Podlesok. Auch hier haben wir die Zeit für zwei Touren genutzt. Die Erste führte uns in die Klamm Suchá Belá. Wir hatten Glück, der Wasserstand war niedrig, sodass wir relativ einfach durch das Schluchtenbett wandern konnten. Trockene Füße zu behalten war dennoch nicht so leicht, denn auf der gesamten Strecke heißt es immer wieder: über Baumstämme klettern, auf Steinen balancieren und Metallstufen nutzen. An einigen Stellen gibt es beeindruckende Wasserfälle, an deren Seite man über Metallleitern nach oben kommt: “Out of comfort zone” – vor allem für Menschen mit Höhenangst. Es war in jedem Fall ein Abenteuer, aber an keiner Stelle gefährlich oder nicht machbar. Da die Schlucht nur in eine Richtung durchlaufen werden darf, kann man oben angekommen auf einem entspannten Schotter- oder Waldweg wieder zurück zum Ausgangspunkt wandern.
Für unsere zweite Tour wollten wir eigentlich eine weitere Schlucht, Kláštorská roklina, bis nach Kláštorisko erklimmen, um dort die Ruinen eines Kloster des Kartäuserordens anzuschauen. Leider hat es in der Nacht und am Vormittag stark geregnet, sodass wir uns die Rutschpartie über Leitern und Stege nicht zugetraut und stattdessen die Wanderung entlang des Flusses Hornád bis zum Aussichtspunkt „Tomaášovsky ýhľad“ gewählt haben. Doch wer denkt, dass eine Wanderung ohne viel Steigung entlang eines Flusses ganz entspannt wird, hat vergessen, wo wir uns befinden. Vermutlich gibt es im Slowakischen Paradies keinen einzigen Wanderweg ohne Treppen, Metallstufen und -seile, die schwierige Strecken überbrücken oder in diesem Fall einfach mal am Fels entlang über den Fluss führen. Hier und da war es tatsächlich sehr rutschig und mental anstrengend, aber landschaftlich sehr reizvoll. Der letzte Abschnitt zum Aussichtspunkt ist steil, aber kurz und der Ausblick entschädigt für alle vorherigen Mühen. Zurück ging es für uns auf einem sehr leichten und entspannten, als Reitweg gekennzeichneten Weg, der gleichzeitig auch der Abschluss unserer Wandertage in der Slowakei war.
Auch wenn das Wetter nicht immer mitspielte, hatten wir eine tolle, ereignisreiche Zeit in der Slowakei. Wer gerne wandert, Natur erleben möchte und kleine Abenteuer mag, ist hier genau richtig. Von Wien und / oder Bratislava sind es nur wenige Stunden mit dem Auto oder Zug, die Infrastruktur ist sehr gut und das Essen schmeckt ausgezeichnet (auch Vegetariern ;)).